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Friedrich Balke: Die Kraft des Minimums
Die Kraft des Minimums
(S. 35 – 53)

Szenarien des Ressentiments bei Nietzsche und Kafka

Friedrich Balke

Die Kraft des Minimums
Szenarien des Ressentiments bei Nietzsche und Kafka

PDF, 19 Seiten

Der Beitrag von Friedrich Balke entfaltet das Programm des Bandes in nuce. Er benennt die im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts sich beschleunigende Einbeziehung des Lebens – durch die jeweils statistisch gestützte Disziplinierung der Körper und Regulierung der Bevölkerungen – in das Feld der politischen Techniken als zentrale Bezugsfolie beider Autoren, und er identifiziert als gemeinsamen Ansatzpunkt ihrer Gegenstrategien die experimentierende Herauslösung des eigenen Körpers aus den Kalkülen der Biopolitik.

  • Literaturwissenschaft
  • Nietzsche
  • Diskursgeschichte
  • Franz Kafka
  • Moderne

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Friedrich Balke

Friedrich Balke

studierte Philosophie, Germanistik und Pädagogik an der Ruhr-Universität Bochum. 2006 habilitierte er an der Philosophischen Fakultät der Universität Potsdam (Venia legendi für die Fächer Philosophie und Kulturwissenschaften). 2007 wurde er auf die Professor für Geschichte und Theorie künstlicher Welten an der Bauhaus-Universität Weimar berufen und war Sprecher des Graduiertenkollegs »Mediale Historiographien«. Seine Forschungsschwerpunkte sind Grenzgebiete zwischen politischer Theorie, Literatur und Medien, Kultur- und Wissensgeschichte, Geschichte der Infamie.

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Es gibt kaum zwei andere Autoren der deutschsprachigen Moderne, bei denen das Verhältnis von Sprache und Leben so intensiv verhandelt wird wie bei Friedrich Nietzsche und Franz Kafka. Für Nietzsche, den »gefährlichen Denker« und das »Dynamit« der christlich-abendländischen Werteordnung, wie für Kafka, den »Dichter der Angst« und Experten für Arbeiter-Unfallversicherung, bilden die biopolitischen Dispositive des heraufkommenden Wohlfahrtsstaates und die Verschiebungen, die der Historismus für die Ökonomie des Wissens und die Massenpresse für die Ökonomie der Rede bedeuten, eng aufeinander bezogene Faktoren des Problemgefüges, das ihre Schreibprojekte hervortreibt. Für beide stellt der Doppelcharakter sprachlicher Überlieferung – als Sicherung des kollektiven Lebens und als Unterwerfung des individuellen – eine zentrale schriftstellerische Herausforderung dar, und beide begreifen die daraus resultierende Riskanz einer radikalen Umschrift der durch Lektüre angeeigneten Tradition als ethisches Problem.

Der Band zielt darauf ab, die beiden Antworten auf jene Herausforderung vor ihrem jeweiligen biographischen und zeitgeschichtlichen Hintergrund gegeneinander zu kontrastieren und sie zugleich als – bis heute gültige – paradigmatische »Haltungen« im diskursiven Feld der Moderne sichtbar werden zu lassen. Indem der Band den »dialogischen« Bezug Kafkas auf Nietzsche auf der Folie diskursiver und medialer Ereignisse und Konstellationen der Zeit motiviert und spezifiziert, lässt er ihn zugleich als vielstimmigen »Polylog« oder sogar unlesbaren »Babellog« quer durch die Kultur und die Wissensfelder des anbrechenden »kurzen 20. Jahrhunderts« (1914–1989) erscheinen.